– Gerold Snater ist der Nikolaus im Landkreis Haßberge –

Ob damals Schnee lag oder nicht, ist nicht ganz klar, an jenem 6. Dezember vor vielen Jahren, als der Nikolaus in die Grundschule Königsberg kam. Gerade hatte er eine Schulklasse besucht und stand nun im Lehrerzimmer, als er vor der Tür Tuscheln hörte. Vorlaute Kinder, die sich im Besserwissen überbieten: „Der Snater ist der Nikolaus, der ist da drin“.

Und wirklich, dort stand er in seinem roten Mantel mit Kapuze aus der sein Bart hervorblitzte. Wenn er nun als „der Snater“ aus der Tür träte, wäre alles umsonst, dann würden die Kinder nicht mehr an den Nikolaus glauben. Also zieht er seinen Mantel aus und packt ihn in den Koffer, den er auf den Schrank wirft, steigt kurzerhand aus dem Fenster des ebenerdigen Lehrerzimmers. Schnell läuft er um das Gebäude zum Haupteingang, richtet sich noch kurz die Kleider und tritt in aller Seelenruhe als Gerold Snater in die Schule ein und grüßt seine Schüler.

Bauklötze wurden gestaunt und Ausreden gefunden: „Er hat gesagt, das war der Snater“, ging’s fingerzeigend los. Das konnte nun nicht mehr sein. Der eine vor dem Lehrerzimmer und der andere drinnen. Wenn es den einen gibt, muss es auch den anderen geben.

„An dem Tag sind die Kinder etwas beeindruckter nach Hause gegangen“, erzählt Gerold Snater milde lächelnd diese Episode aus seinen nunmehr fast 40 Jahren als Nikolaus. 74 Jahre ist er mittlerweile alt und hat seine Termine auf drei im Jahr reduziert.

Die Vorbereitungen beginnen bereits Ende Oktober. Ab dann wird der Bart wachsen gelassen, denn „es muss schon ein echter Bart sein“, sagt Gerold Snater. Er kann es sich erlauben, auf künstliche Erweiterung zu verzichten. Weiß und dicht wächst er und hält auch neugierigem Zupfen kleiner Kinder stand.

Außerdem ist der Bart auch Schuld daran, dass Snater zum Nikolaus wurde. Damals, Snater war etwa 35 Jahre alt, legte er sich gerade einen Bart zu. Da trat der Besitzer der Fränkischen Rohrwerke auf ihn zu und fragte, ob er mit dem Bart nicht den Nikolaus auf deren Weihnachtsfeier geben könne?

Konnte er, und ist es bis heute geblieben. Zuweilen hört er kritische Kommentare. Allerdings weiß er um die interkulturellen Verwirrungen zwischen amerikanischem Santa Claus in rotem Mantel und dem Heiligen Nikolaus mit aufwendiger Robe, Bischofsstab und Mitra auf dem Kopf. Im Schrank hängen beide Kostüme. Es ist einfach eine praktische Frage, wofür er sich entscheidet – draußen wird es in der Regel der Santa, da es oft schnell gehen muss und das Kostüm unkomplizierter anzuziehen ist.

Über viele Jahre war Snater Rektor der Grundschule Zeil/Sand am Main. Dort hat er aber nicht den Nikolaus gegeben. Aus gutem Grund, wie er berichtet. Einmal war er in einer ersten Klasse zu Gast. Der Besuch ließ die Augen bei den Kindern immer größer werden. Es wurden Gedichte vorgetragen und Päckchen verteilt. „Es ist sehr schön, wenn die Kinder vor mir stehen und ein Nikolausgedicht vortragen“, erzählt Snater von den Geschenken, die er von den Kleinen zurückbekommt. In den letzten Jahren sei das aber zurückgegangen. Immer weniger möchten etwas vortragen.

Als Snater als Nikolaus dann im Folgejahr in die zweite Klasse ging, erlebte er eine Überraschung. „Grüß Gott, Herr Snater“, empfingen ihn die Schüler. Da war ihm klar, in seiner Schule werde er das nicht machen. Aber es gibt noch ausreichend Kinder, denen mit dem Besuch des Nikolauses eine Freude gemacht werden kann. So etwa seit 15 Jahren auf dem Weihnachtsmarkt in Snaters Heimatort Königsberg. Er sieht die strahlenden Augen, die Freude und da weiß er wieder, warum er auch in diesem Jahr wieder gerne in den roten Mantel steigt.