– But first, cats: Das Café Katzentempel in Nürnberg –
Samira blickt gedankenverloren aus ihrem Fenster auf das Nürnberger Stadttreiben hinaus. Am Freitagvormittag gegen 11.30 Uhr ist noch erstaunlich wenig los am Teufelsgraben. Die Ruhe vor dem Gästeansturm, der ihr Café spätestens am Samstag wieder überrollen wird. Plötzlich juckt es Samira in der Nase. „Ich werde diesen dummen Schnupfen einfach nicht los“, seufzt sie genervt und verzieht das Gesicht. Da klappert der Holzriegel an der Eingangstür und Samiras himmelblaue Augen hellen sich wieder auf. Ein neuer Gast, dem sie schnurrend um die Beine streifen kann.
Zusammen mit ihren Adoptivgeschwistern Peter, Paula, Joshi und Lucky lebt und schnurrt Samira in dem großzügig geschnittenen Café in der Peter-Vischer-Straße, nur einen Sprung über die Pegnitz vom Nürnberger Hauptmarkt entfernt. Im April 2017 hat Wolfgang Bayer den Katzentempel eröffnet. Erfahrung in der Gastronomie habe er vorher nicht gehabt, erzählt der Katzenpapa in einer ruhigen Tempelecke. Dafür aber eine familiär stark ausgeprägte Liebe zu den eigensinnigen Vierbeinern.
Erstes Katzencafé in Nürnberg hat Münchner Vorbild
In Nürnberg ist der Katzentempel der erste seiner Art, das Vorbild dazu stammt aus München. Doch bevor Wolfgang Bayer im Schwabinger Katzencafé zum Stammgast wurde, herrschte zunächst Verwirrung. „Als ich vor dem Schaufenster stand und die Katzen gesehen habe, dachte ich, das sei ein Zoogeschäft“, erzählt er und lacht. Für sein eigenes Katzencafé hat er in Tierheimen nach „Mitarbeitern“ gesucht, die als Wohnungskatzen aufgewachsen sind.
Wer in den Katzentempel will, muss durch die Schleuse
Die Katzen bleiben auch über Nacht im Café, haben nebenan einen Rückzugsraum mit Fressnäpfen und Katzenklos. Wird ihnen der Trubel am Boden zu viel, hangeln sie sich an einem der Kratzbäume hinauf und sind unerreichbar für kraulende Kundenhände. Vor dem Eintritt ins Katzencafé werden die Gäste gebrieft. Hinter der Eingangstür warten sie zunächst in einer Art Schleuse, die durch eine weitere Tür mit Holzriegel vom eigentlichen Katzencafé getrennt ist. Die beiden Türen dürfen nie gleichzeitig offen sein, damit keiner der Vierbeiner auf die Straße entwischt.
Strenge Regeln im Katzencafé
Die Tiere hochheben oder im Café herumrennen ist tabu. „Wenn die Leute in ihrem Automatismus drin sind, kommt es schon vor, dass ein Gast auf eine Katze tritt“, erzählt Wolfgang Bayer. „Wir brauchen die Regeln. Ich habe schon manchmal Angst um unsere Katzen, besonders wenn es im Café voll wird“, fügt er mit ernstem Blick hinzu. Einige Gäste kämen mit einer falschen Erwartungshaltung: „Mancher bemängelt, es sei hier nicht plüschig genug“, berichtet Wolfgang Bayer. „Aber Katzen kotzen eben ab und zu. Ein helles Sofa könnte ich danach wegschmeißen.“ Samira und ihre Geschwister geben im Café den Ton an: Wer denkt, die Kätzchen würden es sich sofort auf dem Schoß gemütlich machen, wird enttäuscht. Katzen haben eben ihren eigenen Kopf. Andere Besucher seien wiederum positiv überrascht: Keine Katze, die quer über den Teller spaziert, kein Salat mit haariger Garnitur. „Wir putzen wie verrückt. Das einzige, was ich abends zusammenkehre, sind Menschenhaare.“
Tempelkatzen aus dem Tierheim
Auch wenn es ihrem seidigen Fell nicht anzusehen ist: Alle Tempelkatzen im Nürnberger Katzencafé haben ihre Wehwehchen, erzählt Wolfgang Bayer. Da ist zum Beispiel Peter, dem eine Zahnentzündung zu schaffen macht. Samira mit ihrem chronischen Katzenschnupfen oder der herzkranke Joshi. „Wir mussten zuerst sehen, wie die Katzen untereinander und mit der Situation im Café auskommen.“ Auch bei den Getränken und Speisen im Katzencafé steht für Chef Wolfgang Bayer der Tierschutz im Vordergrund: Alles selbstgemacht und vegan.
Stammgäste und Neugierige im Katzentempel
Das Publikum im Katzencafé sei gemischt: Stammgäste, die daheim selbst keine Möglichkeit haben, Katzen zu halten, Katzenanfänger, die nur mal gucken möchten, Paare mit doppelter Katzenbegeisterung. Oder die drei Studentinnen, die am Nebentisch Katzen-Mangas zeichnen und darüber debattieren, welcher nun der beste Name für ihren imaginären Stubentiger wäre. Eines sollten Gäste auf jeden Fall mitbringen, betont Wolfgang Bayer: Zeit. „Wer bei uns nur schnell einen Kaffee trinken möchte, hat nichts von dem Erlebnis.“
KURZGEFASST
Katzentempel in Nürnberg
Wo? Peter-Vischer-Straße 21, 90403 Nürnberg (weitere Katzencafés in München, Leipzig und Hamburg)
Wann? Montag bis Freitag 11-20 Uhr, Samstag 10-20 Uhr, Sonntag 10-18 Uhr
Was? Veganes Café/Restaurant mit fünf Tempelkatzen
